Samstag, 26. Oktober 2013

Die grauen Herren

Eine Weile ist es her, da habe ich das Buch „Momo“ von Michael Ende im Dachboden meiner Eltern wieder entdeckt. Dieser Roman, der bereits 1973 erschien, hat nichts von seiner Aktualität und Dramatik eingebüßt. 40 Jahre sind seit dem Erscheinen dieses Buches vergangen, aber die Geschichte passt wie die Faust auf’s Auge in die jetzige Zeit. Konnte Herr Ende in die Zukunft blicken? Oder waren die Probleme vor 40 Jahren schon dieselben wie heute? Wusste er, dass Kinder immer früher in eine organisierte Kinderbetreuung – Kindergarten, Kinderkrippe – kommen, weil die Erwachsenen teilweise keine Zeit (und keine Möglichkeit) mehr haben, sie zuhause selber zu betreuen? Ich weiß, dieses Thema ist ein heißes Eisen. Ich – selber kinderlos – habe nicht das Wissen und schon gar nicht das Recht, über diese gesellschaftliche Entwicklung zu urteilen. Trotzdem frage ich mich, was da abgeht im Jahr 2013 und ob das eigentlich gut ist, dass wir Menschen heutzutage so viele Möglichkeiten haben, die uns teilweise die Zeit für die wesentlichen Dinge rauben. Bleiben im Zeitalter von Technik, Luxus und Konsum die zwischenmenschlichen Beziehungen auf der Strecke? Und führt das längerfristig gesehen nicht zu einem Gefühl des Ausbrennens und der inneren Leere?

Welches sind „unsere grauen Herren“, unsere Zeiträuber?

Auf Seite 107 des Buches Momos schreibt Michael Ende:
„Die Macht der grauen Herren liegt darin, wie ihr nun wisst, dass sie unerkannt und im Geheimen arbeiten können. Also ist das einfachste und wirkungsvollste Mittel, um sie unschädlich zu machen, dass alle Leute die Wahrheit über sie erfahren“.

Ein anderes Zitat aus dem Buch: „Wer die Zeit der Menschen besitzt, der hat unbegrenzte Macht“.

Was sind unsere Zeitfresser? Was/wer hat die Macht über uns?

Wir leben in einem Zeitalter der Globalisierung und Vernetzung. Nachrichten gehen in Sekundenschnelle um die Welt. Wir werden mit Informationen regelrecht zugeschüttet. Die Werbung müllt uns zu und weckt Bedürfnisse, die wir vorher nicht hatten. Uns wird suggeriert, wie wir sein müssen und vor allem, was wir alles haben müssen, um glücklich, schön und zufrieden zu sein. Wir erfahren auch in Sekundenschnelle von Katastrophen, Kriegen und Hungersnöten. Wir erfahren weiters auch von Scheidungen irgendwelcher Superstars oder ob Miley Cyrus gerade eine exzessive Partynacht feiert oder in ihrem neuen Musikvideo eine Abrissbirne leckt. Über Facebook erfahren wir, was unsere Freunde gerade so treiben. Für mich ist das eines der Zeitfresser – dem ganzen Treiben zu folgen, mich zu bemühen, vieles zu lesen, zu hören, zu sehen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Ich meine, etwas zu versäumen, wenn ich es nicht mache.

Wir leben in einer Zeit, in der der Narzissmus seine wilden Blüten treibt. Man beachte Facebook, Twitter, Youtube & Co. Ein jeder würde gerne durch besondere Leistungen auffallen und Anerkennung bekommen. Fernsehshows wie „Die große Chance“ boomen, auch Reality TV-Formate sind nach wie vor sehr beliebt. All diese Shows haben gemeinsam,  dass sich darin Menschen prostituieren, nur, um gesehen zu werden und Anerkennung zu bekommen. Teilweise werden sie aber dann öffentlich kritisiert und bloßgestellt. Es braucht schon ein starkes Gemüt und Selbstbewusstsein, um damit umgehen zu können und das auszuhalten. Wenn sie dann daran zerbrechen, wird ihr Leidensweg noch in der Öffentlichkeit breitgetreten, mitverfolgt und dokumentiert, manchmal bis zum tragischen Ende. Ich selber habe aufgehört, mir diese Sendungen reinzuziehen.

Ein weiterer Zeitfresser scheint mir der Luxus zu sein, auch wenn sich das widerspricht.

Luxus ist bequem. An nichts gewöhnt man sich so schnell wie an Bequemlichkeit und Luxus. Maschinen, die einem das Leben leichter machen, Roboter, die den Boden saugen, Ipads, mit denen man mühelos jederzeit im Internet surfen kann, während nebenher der Fernseher läuft, sowie noch Musik aus den Lautsprechern plärrt. Für viele Menschen ist es toll, möglichst immer das Neueste zu haben, sei es an Klamotten, Elektronikgeräten oder das neueste Auto. Man will zeigen, was man hat, was man sich alles leisten kann, sich topschick präsentieren, man will „in“ sein und dazugehören. Zudem hat das Neue seinen Reiz. Es fasziniert, schafft Ablenkung, führt zu einem kurzfristigen Sättigungsgefühl, es ist Beschäftigungstherapie und lenkt von eventuellen zwischenmenschlichen Schwierigkeiten ab, überdeckt Einsamkeit und gibt das Gefühl, dazuzugehören. Aber das Beschaffen all dieser Produkte und die Pflege erfordern Zeit. Ein Auto z.B. muss auch gewartet, geputzt, getankt, repariert werden. In ein neues Smartphone muss man sich wieder hineinleben, bis man begreift, wie es funktioniert und alles installiert ist. Kaum hat man alles begriffen, geht es oft im nächsten Moment auch schon wieder kaputt.

Doch brauchen wir all das Zeugs?

Vordergründig lebt es sich heute wie im Schlaraffenland. Wir können uns (noch) all das kaufen, wonach es uns beliebt, wir können uns beruflich verwirklichen, wir können gleichzeitig auch Familien gründen, uns mehrere Liebhaber zulegen, Selbstverwirklichungsseminare besuchen, in der Welt herumjetten, kurzum, mit dem nötigen Kleingeld lässt sich fast jeder Wunsch erfüllen. Dazu löst die Werbung allerlei Bedürfnisse aus und weckt neue Begierden. Was tut der Mensch nicht alles, um dazuzugehören, mitzuhalten in diesem Rennen um Statussymbole und Anerkennung? Es ist so normal geworden, mitzurennen,  möglichst jeden Trend mitzumachen. Wissen wir eigentlich noch, wofür wir rennen?

Ein weiterer Zeitfresser ist mitunter der Job.

Warum arbeiten wir eigentlich so viel – teilweise bis zur kompletten Erschöpfung? Tun wir das wirklich, weil wir unsere Arbeit so lieben? Oder geht es darum, das Geld zur Befriedigung aller möglichen Bedürfnisse zusammenzukratzen?  Oder schuften wir uns teilweise kaputt, damit unser Arbeitgeber im immer härteren Wettbewerb die Nase vorn hat? Oder geht es um die gesellschaftliche Anerkennung im Sinne von:  Nur, wer viel leistet, wird auch geschätzt. Nichts gegen Leistung und viele Arbeit. Ich denke, solange Arbeit Freude macht, so lange man die Arbeit liebt, die man verrichtet, ist alles gut. Aber braucht es all die Güter, die unsere Unternehmen auf den Markt werfen oder würde uns ein Gesundschrumpfen guttun? Was passiert, wenn dieses Zeug niemand mehr kaufen kann?

Niko Paech spricht in diesem Zusammenhang von der Idee einer Postwachstumsökonomie. Er spricht davon (in einfachen Worten ausgedrückt), die wöchentliche Normalarbeitszeit drastisch zu kürzen und die restliche Zeit dazu zu verwenden, das für sich und vor allem auch für andere zu tun, was man gut kann und gerne tut – dabei kann es sich um Nähen handeln oder um Reparieren oder um Marmelade einkochen, gärtnern, sich um Menschen im Altersheim kümmern, was auch immer. Wir sollten wieder lernen, uns selber zu versorgen, wieder selber Hand anzulegen und im Kleinen zu produzieren und das zu teilen. Vermutlich würde uns das wieder mehr Lebensqualität zurückbringen, den Stress verringern und wieder mehr die persönlichen Kontakte und die Zwischenmenschlichkeit zum Sprießen bringen. Damit verbunden würde vermutlich auch die Lebensfreude wieder wachsen. Ganz nebenbei hätten wir vielleicht auch wieder mehr Zeit für unsere Kinder.

Meiner Meinung nach wird unser jetziges Wirtschaftssystem, welches immer noch auf Wachstum ausgelegt ist, so oder so früher oder später zusammenbrechen. Es ist doch nur eine Frage der Zeit, die Ressourcen sind erschöpft, den Banken geht das Geld aus. Länder wie Spanien und Griechenland stecken schon inmitten der Krise. Mal sehen, wie lange es dauert, bis uns hier diese Realität ebenso einholen wird. Es wäre klug, schon vorher zu reagieren. Ich denke, die Menschen, die jetzt schon üben, mit weniger Luxus klarzukommen und sich auf das Wesentliche zu beschränken, werden sich später etwas leichter tun, um mit der neuen Situation zurechtzukommen und nicht daran zu zerbrechen. Aber wie es dann wirklich sein wird, werden wir erst erfahren, wenn es soweit ist. Bis dahin können wir noch versuchen, das Schlimmste abzuwenden und uns im Reduzieren zu üben. Es geht um unsere Zukunft, um die Zukunft unserer Kinder und um unsere eigene Lebensfreude.

Wir können uns wieder Zeit von „unseren grauen Herren“ zurückerobern, in dem wir uns überlegen, was uns die meiste Zeit raubt und worauf wir bereit sind, zu verzichten. Wir können uns überlegen, ob wir – vielleicht unentgeltlich oder ehrenamtlich – etwas für und gemeinsam mit anderen Menschen tun können und dafür eventuell die „Jobzeit“ reduzieren. Wenn wir weniger konsumieren, brauchen wir auch nicht mehr so viel Geld zu verdienen, um uns unsere Bedürfnisse finanzieren zu können. Wir können teilen oder tauschen und zwischendurch den Computer mal abdrehen, um stattdessen einen Spaziergang durch die schöne Natur zu machen. Es lohnt sich, über diese Dinge nachzudenken und neue Möglichkeiten auszuprobieren. Es geht um unser Lebensglück. 

Samstag, 19. Oktober 2013

Konsumkodex 2014

In diesen Tagen wird  dem Regionalen Konsumkodex 2014 der Endschliff verpasst, damit er Ende Oktober herausgegeben werden kann. Das veranlasst mich, heute über den Konsumkodex  zu schreiben.

Worum handelt es sich hier?

Der Konsumkodex ist eine Sammlung von Informationen, Ideen, Adressen, Tipps zum Thema „Nachhaltiger Konsum“. Er besteht aus all den Informationen, die wir in den letzten 2 Jahren zusammengetragen und gesammelt haben. Wann immer jemand von einer neuen Adresse erfährt, wie z.B. einem Bioladen, bei dem man saisonale Produkte aus der Region erstehen kann oder von einem Reparaturcafé, welches irgendwo in Vorarlberg aufgebaut wird, tragen wir das zusammen und fügen es dem Kodex hinzu.

 Der Kodex ist in folgende Bereiche aufgeteilt:

  •            Lebensmittel
  •            Energie
  •            Verkehr/Mobilität
  •            Kleidung/Textil         
  •            Finanzen
  •            Kosmetik/Reinigung
  •            Wohnen
  •            Papier
  •            Elektronik
  •            Reisen/Tourismus
  •            Verpackung

All diese Themen sind wiederum in Unterpunkte aufgegliedert (bei Lebensmittel sind das z.B. Getreide, Fleisch, Fisch, Obst etc.). Für jeden dieser Bereiche soll ein kleines Team zuständig sein, welches die Informationen zu diesem Thema sammelt, sortiert und verdichtet. Viele Menschen sind ja schon beruflich in einem der oben erwähnten Bereiche tätig  und können bereits ein großes Wissen mitbringen. Das ist ein wunderbares Potenzial. Dieses Wissen kann dann an andere weitergegeben werden über den Weg des Konsumkodex. So wird der Kodex Jahr für Jahr reicher an Informationen und entwickelt sich zu einem wichtigen Instrument, welches als wertvolle Informationsquelle im Alltag dient.

Aber mit dem regionalen Konsumkodex ist es nicht ganz getan. Damit der Kodex verbindlicher wird, wandelt jeder von uns daraus seinen persönlichen Konsumkodex ab. Das bedeutet, dass sich jeder einzelne überlegt, was er im Jahr 2014 gerne umsetzen möchte. Vielleicht entscheidet sich jemand, auf Ökostrom zu wechseln, ein anderer möchte gerne öfters Bus fahren. Wir stecken uns Ziele und nehmen uns vor, diese umzusetzen. Wenn’s nicht klappt, passiert nichts, keine Bange. Jeder macht dies für sich. Es geht einfach darum, sich bewusst mit diesen Konsumthemen auseinanderzusetzen, sich Zeit nehmen, nachdenken,  Entscheidungen treffen und dann diesen Weg zu gehen. Um etwas zu erreichen, ist es wichtig, sich zu überlegen, was man möchte. Es tut auch gut, wenn man das Ganze schriftlich festhält. Ich finde, es hilft, dranzubleiben. Und es ist auch spannend, am Ende des Jahres nachzuschauen, welche Ziele erreicht worden sind und welche sich nicht umsetzen ließen.  

In meinem Leben haben sich doch gewisse Dinge verändert in diesem Jahr. Ich ernähre mich gesünder, esse mehr Gemüse und weniger Fleisch. Fertigprodukte kommen nur noch selten auf den Tisch. Und ich benutze mein Fahrrad viel öfter wie früher. Ökostrom beziehe ich jetzt auch. Ich habe neue Läden, in denen ich jetzt einkaufe und ich war in diesem Jahr kein einziges Mal im Messepark. Auf das Flugzeug habe ich heuer auch verzichtet.

Ich weiß, das ist alles noch viel zu wenig, mein ökologischer Fußabdruck besagt, dass es  immer noch zwei Planeten bräuchte, wenn alle Menschen dieser Welt so viele Ressourcen verbrauchen würden wie ich. Darin liegt noch Verbesserungspotenzial. So nehme ich das als Ansporn für das kommende Jahr, um wieder neue Ziele zu erreichen.


Wie immer lautet mein Credo:  Ich bleibe dran! 


Samstag, 12. Oktober 2013

Gruß an die Wirtschaftskammer

„Bitte kein unadressiertes Werbematerial“ – dieser Aufkleber, den man von der Umweltberatung Österreich beziehen kann, pickt seit geraumer Zeit auf meinem Briefkasten. Dadurch konnte ich den Wust an Werbematerialien, wie Prospekte von allen möglichen Supermarkt-Ketten, von Möbelhäusern, Elektrofachgeschäften und dergleichen, drastisch reduzieren. Keine Verführung mehr durch Werbeprospekte und weniger Papiermüll, hat bei mir zu einem Gefühl der Erleichterung geführt. 

An einigen Tagen ist mein Post-Briefkasten jetzt leer. Dennoch landen all die Gratiszeitungen, wie z.B. Wann & Wo, der Feldkircher Anzeiger, aber auch (wie heute) das Illwerke-Magazin nach wie vor in dem Briefkasten. Der Aufkleber scheint da nicht zu wirken.

Kürzlich habe ich erfahren, dass es noch einen anderen Aufkleber gibt: Dieser nennt sich „Flugblattverzichter". Neugierig geworden machte ich mich im Internet auf die Suche und landete auf einer Seite der Wirtschaftskammer. Diese schreibt folgendes (nachzulesen unter: Flugblattverzichter)

„Ein an Ihrer Haus- oder Wohnungstür bzw. am Briefkasten angebrachter Aufkleber „Flugblattverzichter“ soll die Zustellung von nicht persönlich adressierten Werbematerialien durch gewerbliche Werbemittelverteiler verhindern. Die Gültigkeitsdauer ist auf drei Jahre begrenzt. Da Werbeverzichtskleber einmal auf dem Brieffach angebracht erfahrungsgemäß nicht mehr entfernt werden und es somit, bedingt durch Umzüge auch immer mehr Postkästen gibt, auf denen unerwünschte, vom Vormieter/Vorbesitzer angebrachte Aufkleber haften, wurde diese zeitliche Beschränkung eingeführt."

Liebe Wirtschaftskammer:

Wir sind mündige Bürger und wenn tatsächlich jemand in eine neue Wohnung einzieht, an deren Briefkasten so ein Kleber bereits picken sollte, hat dieser neue Bewohner die Wahl, den Kleber zu entfernen oder durchzustreichen. Er kann dann das Werbematerial wieder erhalten. Ich glaube, das kann jeder, der das möchte, tun. Macht er das aber nicht, steht er halt einfach auch nicht auf die Werbeflut. Das ist halt so.

Weiter unten heißt es:

Sie erhalten den „Flugblattverzichter“ über schriftliche Bestellung und auf postalischem Weg. Senden Sie dazu bitte ein ausreichend frankiertes Rückantwortskuvert mit Namen und Wohnadresse an:

 "Die Werbemittelverteiler"
          Postfach 500
          1230 Wien
          Kennwort "Bitte keine unadressierte Werbung"

 „Pro Rückantwortkuvert sind max. 2 Stück Aufkleber möglich. Legen Sie dazu bitte einen Zettel mit der Bitte um „2 Stück“ in das Rückantwortkuvert. Innerhalb von ca. 2 bis 3 Wochen wird/werden Ihnen diese(r) Aufkleber zugesandt.

Ehrlich gesagt, mir passt das nicht. Warum kann man das Pickerl nicht einfach bei der Post abholen? Warum geht es im Zeitalter des Internets nur über schriftlichen Antrag, der per Post versendet werden muss, MIT frankiertem Rückantwortkuvert? Und warum bekommt man nur 2 Stück pro Antrag? Zu allem Überfluss liegt dem Pickerl offenbar noch ein Schreiben bei, das einen darauf hinweist, worauf man alles verzichtet. Dies wurde mir von Personen berichtet, die den Kleber bereits beantragt haben.

Es liegt auf der Hand, dass die Wirtschaftskammer es den Konsumenten bewusst schwer machen möchte, an diesen Kleber zu kommen. Das gibt mir zu denken.

Wir werden – selbst im Internet – von allen Seiten mit Werbung bombardiert und manipuliert. Kaum ruft man eine Internetseite auf, blinkt und tönt es (mitunter) schon aus allen Ecken und Enden. Werbehinweise werden eingeblendet, meistens auch noch ganz auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten. Hat man kürzlich nach einem Dirndl gesucht im world wide web, kommt mitunter ein Hinweis auf Zalando und deren neueste Dirndlkreationen. Auch Youtubevideos lassen sich nicht mehr ohne vorige Werbeeinblendung ansehen. Das war früher nicht so. 

Postsendungen, Werbereklamen, Radio, Fernsehen, Internet, Anzeigetafeln an öffentlichen Plätzen – fast nirgends ist man mehr sicher vor penetranten Werbeeinblendungen. Wir haben uns meistens schon so sehr daran gewöhnt, dass wir es gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Aber trotzdem macht es etwas mit uns – es weckt Bedürfnisse und wir meinen, Dinge zu brauchen müssen, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass es sie gibt. Wir hetzen oberflächlichen Idealen nach, wie z.B. dem perfekten Aussehen, wir meinen, alles haben zu müssen, um dazuzugehören. Dies passiert alles mit uns, wenn wir nicht aufpassen. 

Werbung ist unheimlich erfolgreich und die Tricks der Marketingstrategen sind ausgesprochen gefinkelt. Könnte man mit diesen Methoden nicht so viele Konsumenten ködern, würden die Firmen nicht solch wahnsinnige Geldsummen in ihren Werbeauftritt stecken.

Alles Lug und Betrug. Alles Schein, anstatt Sein. 

Hinter der Wirtschaftskammer stehen zahlreiche Firmen und Konzerne. Daher kann ich deren Agieren mit dem Flugblattverzichter-Pickerl nachvollziehen. Aber es regt mich trotzdem auf.

Wie auch immer, ich werde diesen Kleber jetzt demnächst beantragen. Vielleicht machen das auch viele andere! Wir Konsumenten könnten damit wieder ein Zeichen setzen! Das wäre super!

4. Forum von KONSUMENTENSOLIDARITÄT JETZT

Meine Gedanken und Eindrücke zu dieser Veranstaltung findet ihr hier:

Konsumentensolidarität Jetzt - INTERN

Der Text ist ganz am Ende zu finden.

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Jakobsweg

„Stell Dir vor, Du stehst morgens auf und die einzige Sorge, die Du hast, ist die Frage: Welches T-Shirt ziehe ich heute an? Ist es das Blaue oder das Rote?“ Ich habe grad mit einer lieben Freundin telefoniert und dieser Satz hallt in mir nach, wie ich so im Hängesessel auf dem Balkon hin- und herschaukle. Meine Freundin ist gerade den Jakobsweg gegangen und sehr glücklich wieder ins Ländle zurückgekommen.

Wie es wohl wäre, so ein einfaches Leben zu führen, ohne Verpflichtungen, ohne Computer, ohne Handy, mit nur einer Handvoll Klamotten und einer Zahnbürste. Nur das zu besitzen, was in dem Rucksack Platz hat, den man am Rücken trägt. Ein Leben ohne viele Besitztümer, aber mit zwischenmenschlichem Reichtum, wie Menschen, die aufeinander Rücksicht nehmen und füreinander da sind. Ein Leben mit guten Gesprächen, nicht über Facebook und e-mail, sondern mit Augenkontakt und einem echten Lächeln. Sich nicht kümmern müssen, ob der Herd wohl ausgeschaltet ist und die Wohnungstür fest verschlossen. Sich nicht fragen müssen, ob man es morgen im Messepark endlich schafft, das neues Handy zu ergattern, oder ob wieder 20 Leute vor dem Shop darauf warten, endlich an der Reihe zu sein. Oder morgens schon nervös aufzuwachen und zu bangen, ob man es schafft, alles hineinzudrücken in den Tag, was man sich vorgenommen hat.
Der Druck ist in der heutigen Zeit sehr groß. Von jedem von uns wird viel verlangt. Erfolg im Berufsleben, eine glückliche Beziehung, das neue Smartphone und lässig wäre auch noch ein neuer Van mit „Around view monitor“ für eine 360 Grad Ansicht der Parklücke von oben (das gibt’s wirklich!)

Die Anforderungen unserer heutigen Gesellschaft sind sehr hoch. Da mitzuhalten erscheint wie ein Spießrutenlauf. Viele Menschen schaffen das nicht mehr und brennen aus. „Burnout“ – eine Krankheit, die immer mehr Menschen betrifft, weil sie mit der Geschwindigkeit der heutigen Zeit, den hohen Anforderungen,  dem Perfektionismus, dem Mithalten, um dazuzugehören und geliebt zu werden, überfordert sind.

Es ist die Krankheit des „zu viel“. Es ist zu viel, was uns in der heutigen Zeit zugemutet wird. Ein zu viel an Information, zu viel an Gütern, zu viel an Luxus, zu viel an Werbung, zu viel an Perfektionismus, zu viel an Verpflichtungen. Das überfordert uns auf Dauer. Ich staunte nicht schlecht, zu erfahren, dass die AUVA Plastikkarten im Scheckkartenformat verteilt, mit denen es möglich ist, den eigenen Stresslevel herauszufinden, indem man 10 Sekunden den Daumen auf einen bestimmten Punkt drückt.  Je nach Einfärbung wird dem Daumendrücker angezeigt, ob er ruhig oder gestresst ist. Es ist wichtig, das zu testen, meint offenbar die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Da komme ich nicht umhin, den Kopf zu schütteln und mich zu fragen „Wie absurd ist diese heutige Zeit“? Brauchen wir wirklich schon Plastikkarten, um unseren Stresspegel zu prüfen, können wir das nicht mehr selber spüren? Haben wir Menschen wirklich verlernt, mal innezuhalten, tief durchzuatmen und wieder in Kontakt mit uns selber zu kommen? Ist es um uns Wohlstandsmenschen wirklich schon so übel bestellt? Und wollen wir aus freien Stücken so ein Leben führen?

Ganz abgesehen davon, dass ich es unsinnig finde, solche Produkte zu entwickeln, die wieder Ressourcen verbrauchen und meiner Meinung nach absolut überflüssig sind. Wieder ein bisschen Plastik mehr auf der Welt, welches im nächsten Moment im Müllkübel landet.

Nun ja, über die Frage, welchen Druck es bedeutet, immer möglichst auf dem neuesten Stand zu sein und über die zweite wichtige Frage, warum man sich das eigentlich antut, werde ich ein andermal nachgrübeln. Jetzt schließe ich erst einmal die Augen und begebe mich in Gedanken auf den Jakobsweg.