Samstag, 12. Oktober 2013

Gruß an die Wirtschaftskammer

„Bitte kein unadressiertes Werbematerial“ – dieser Aufkleber, den man von der Umweltberatung Österreich beziehen kann, pickt seit geraumer Zeit auf meinem Briefkasten. Dadurch konnte ich den Wust an Werbematerialien, wie Prospekte von allen möglichen Supermarkt-Ketten, von Möbelhäusern, Elektrofachgeschäften und dergleichen, drastisch reduzieren. Keine Verführung mehr durch Werbeprospekte und weniger Papiermüll, hat bei mir zu einem Gefühl der Erleichterung geführt. 

An einigen Tagen ist mein Post-Briefkasten jetzt leer. Dennoch landen all die Gratiszeitungen, wie z.B. Wann & Wo, der Feldkircher Anzeiger, aber auch (wie heute) das Illwerke-Magazin nach wie vor in dem Briefkasten. Der Aufkleber scheint da nicht zu wirken.

Kürzlich habe ich erfahren, dass es noch einen anderen Aufkleber gibt: Dieser nennt sich „Flugblattverzichter". Neugierig geworden machte ich mich im Internet auf die Suche und landete auf einer Seite der Wirtschaftskammer. Diese schreibt folgendes (nachzulesen unter: Flugblattverzichter)

„Ein an Ihrer Haus- oder Wohnungstür bzw. am Briefkasten angebrachter Aufkleber „Flugblattverzichter“ soll die Zustellung von nicht persönlich adressierten Werbematerialien durch gewerbliche Werbemittelverteiler verhindern. Die Gültigkeitsdauer ist auf drei Jahre begrenzt. Da Werbeverzichtskleber einmal auf dem Brieffach angebracht erfahrungsgemäß nicht mehr entfernt werden und es somit, bedingt durch Umzüge auch immer mehr Postkästen gibt, auf denen unerwünschte, vom Vormieter/Vorbesitzer angebrachte Aufkleber haften, wurde diese zeitliche Beschränkung eingeführt."

Liebe Wirtschaftskammer:

Wir sind mündige Bürger und wenn tatsächlich jemand in eine neue Wohnung einzieht, an deren Briefkasten so ein Kleber bereits picken sollte, hat dieser neue Bewohner die Wahl, den Kleber zu entfernen oder durchzustreichen. Er kann dann das Werbematerial wieder erhalten. Ich glaube, das kann jeder, der das möchte, tun. Macht er das aber nicht, steht er halt einfach auch nicht auf die Werbeflut. Das ist halt so.

Weiter unten heißt es:

Sie erhalten den „Flugblattverzichter“ über schriftliche Bestellung und auf postalischem Weg. Senden Sie dazu bitte ein ausreichend frankiertes Rückantwortskuvert mit Namen und Wohnadresse an:

 "Die Werbemittelverteiler"
          Postfach 500
          1230 Wien
          Kennwort "Bitte keine unadressierte Werbung"

 „Pro Rückantwortkuvert sind max. 2 Stück Aufkleber möglich. Legen Sie dazu bitte einen Zettel mit der Bitte um „2 Stück“ in das Rückantwortkuvert. Innerhalb von ca. 2 bis 3 Wochen wird/werden Ihnen diese(r) Aufkleber zugesandt.

Ehrlich gesagt, mir passt das nicht. Warum kann man das Pickerl nicht einfach bei der Post abholen? Warum geht es im Zeitalter des Internets nur über schriftlichen Antrag, der per Post versendet werden muss, MIT frankiertem Rückantwortkuvert? Und warum bekommt man nur 2 Stück pro Antrag? Zu allem Überfluss liegt dem Pickerl offenbar noch ein Schreiben bei, das einen darauf hinweist, worauf man alles verzichtet. Dies wurde mir von Personen berichtet, die den Kleber bereits beantragt haben.

Es liegt auf der Hand, dass die Wirtschaftskammer es den Konsumenten bewusst schwer machen möchte, an diesen Kleber zu kommen. Das gibt mir zu denken.

Wir werden – selbst im Internet – von allen Seiten mit Werbung bombardiert und manipuliert. Kaum ruft man eine Internetseite auf, blinkt und tönt es (mitunter) schon aus allen Ecken und Enden. Werbehinweise werden eingeblendet, meistens auch noch ganz auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten. Hat man kürzlich nach einem Dirndl gesucht im world wide web, kommt mitunter ein Hinweis auf Zalando und deren neueste Dirndlkreationen. Auch Youtubevideos lassen sich nicht mehr ohne vorige Werbeeinblendung ansehen. Das war früher nicht so. 

Postsendungen, Werbereklamen, Radio, Fernsehen, Internet, Anzeigetafeln an öffentlichen Plätzen – fast nirgends ist man mehr sicher vor penetranten Werbeeinblendungen. Wir haben uns meistens schon so sehr daran gewöhnt, dass wir es gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Aber trotzdem macht es etwas mit uns – es weckt Bedürfnisse und wir meinen, Dinge zu brauchen müssen, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass es sie gibt. Wir hetzen oberflächlichen Idealen nach, wie z.B. dem perfekten Aussehen, wir meinen, alles haben zu müssen, um dazuzugehören. Dies passiert alles mit uns, wenn wir nicht aufpassen. 

Werbung ist unheimlich erfolgreich und die Tricks der Marketingstrategen sind ausgesprochen gefinkelt. Könnte man mit diesen Methoden nicht so viele Konsumenten ködern, würden die Firmen nicht solch wahnsinnige Geldsummen in ihren Werbeauftritt stecken.

Alles Lug und Betrug. Alles Schein, anstatt Sein. 

Hinter der Wirtschaftskammer stehen zahlreiche Firmen und Konzerne. Daher kann ich deren Agieren mit dem Flugblattverzichter-Pickerl nachvollziehen. Aber es regt mich trotzdem auf.

Wie auch immer, ich werde diesen Kleber jetzt demnächst beantragen. Vielleicht machen das auch viele andere! Wir Konsumenten könnten damit wieder ein Zeichen setzen! Das wäre super!

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