Sonntag, 17. November 2013

Elektronik/Fairphone

Vor rund einem Jahr, im Oktober 2012, hat mich Hubert Feurstein (Obmann des Vereins „Konsumentensolidarität Jetzt“) gefragt, ob ich eventuell die Sammlung von Informationen in einem Konsumbereich übernehmen und als Koordinatorin fungieren könnte. Ich habe zugesagt und bin jetzt für den Elektronikbereich zuständig, ohne ein spezielles Fachwissen mitzubringen. 

Mit Elektronik verbinde ich Kabel und Drähte, Computer und Handys, Strom und Steckdosen.  Aber auch Küchengeräte gehören dazu, bzw. alles, das mit Strom betrieben werden muss. Es war das erste Mal, dass ich bei diesem Thema etwas in die Tiefe ging und versuchte, hinter die Kulissen zu schauen, indem ich mich im Internet durch diverse Webseiten klickte. Außerdem sah ich mir Dokumentationen über Kinder an, die unter schrecklichen Bedingungen tagelang in Minen nach Mineralien graben, Mineralien, die in unseren Handys landen, während ein grausamer Bürgerkrieg tobt. Dieser Bürgerkrieg wird dadurch finanziert, dass die westlichen Industrienationen diese Mineralien kaufen, um sie in unsere Elektronikgeräte einzubauen. An die 5 Millionen Menschen sind bisher gestorben, 300 000 Frauen wurden vergewaltigt und der Wahnsinn dauert immer noch an.

Mittlerweile sind amerikanische börsennotierte Konzerne dazu verpflichtet, ihre Lieferkette im Zusammenhang mit Konfliktmaterialien offenzulegen. Sie müssen jährlich darüber berichten, ob Konfliktmaterialien, die für die Herstellung und Funktion ihrer Produkte notwendig sind, aus der Demokratischen Republik Kongo oder ihren Nachbarstaaten stammen. Bei den Konfliktmaterialien handelt es sich um Tantal, Zinn, Wolfram und Gold.

Ich glaube, solche Verpflichtungen sind sinnvoll, um die Unternehmen für dieses Thema überhaupt zu sensibilisieren, auch wenn es derzeit schwer bis unmöglich sein wird, die Herkunftsquellen der Materialien genau zu bestimmen. Aber so kommt langsam eine Bewegung in Gang, die hoffentlich langsam zu einer Verbesserung der Situation führen wird.

Weiters kam ich durch diese Koordinatorinnenaufgabe mit dem Thema "Elektronikschrott" in Kontakt. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, alle 2 – 3 Jahre brauchen wir einen neuen Computer und ein neues Handy. Vieles von all dem Müll wird in Entwicklungsländern „entsorgt“, wo sie wieder oftmals von Kindern und Jugendlichen in ihre Einzelteile zerlegt werden, damit diese daraus Kupfer oder Silber gewinnen können und sich durch den Verkauf dieser wertvollen Rohstoffe ein kleines Einkommen verschaffen. Diese Menschen wissen allerdings oftmals nicht, dass sie bei ihrer Arbeit mit giftigen Chemikalien in Berührung kommen, die ihre Körper vergiften oder aber, sie müssen es in Kauf nehmen, da sie keine andere Chance sehen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Wenn man sich zum Kauf eines neuen Produktes entschließt, denkt man normalerweise nicht an all diese Dinge. Man weiß auch meistens nichts davon. Man will doch auch gar nicht darüber nachdenken. Vielmehr drängt einen das Bedürfnis nach etwas Neuem zu einem Kauf.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Initiative Fairphone aufmerksam machen. In Holland hat sich ein innovatives Entwicklerteam auf den Weg gemacht, das erste fair produzierte Handy herzustellen. Es war eine naive Idee, aber die Mannschaft um Bas van Abel entschied sich dennoch dazu, selber ein Handy zu produzieren, in dem Materialien aus möglichst sauberen Quellen verbaut sind. Finanziert wird das ganze Vorhaben durch Vorbestellungen von interessierten Konsumenten, welche so viel Vertrauen in dieses ambitionierte Projekt steckten, dass sie bereit waren, den Preis des Geräts in Höhe von EUR 325,-- im voraus zu bezahlen. Unglaublich aber wahr, mittlerweile wurden auf diese Weise 25000 Handys verkauft, obwohl das Produkt allerfrühestens Ende 2013 an die Käufer verschickt werden kann! 25000 Menschen, die jeweils über EUR 300,-- bezahlen, um diese Aktion zu unterstützen! Das ist ein deutliches Signal der Hoffnung und Sehnsucht vieler Menschen, an dem jetzigen Zustand etwas zu verändern!

Noch ist das Gerät alles andere als fair, da darin immer noch viele Teile verbaut sind, deren Herkunft sich derzeit noch nicht eruieren lässt. Aber es ist wichtig, einfach einmal irgendwo anzufangen. Fairphone legt großen Wert auf Transparenz und Ehrlichkeit. In Newslettern wird jeweils offen über die einzelnen Entwicklungsschritte berichtet. Wenn das Projekt Erfolg hat, sollen nach und nach immer mehr Bestandteile eingebaut werden, die aus „sauberen Quellen“ stammen.

Ich wünsche mir, dass durch die Medienwirksamkeit des Projekts auch andere große Mitspieler, wie Samsung, Apple oder Nokia, dazu gezwungen werden, über ihre eigenen Bezugsquellen und ihre Produktionsbedingungen nachzudenken. Über eine Stückzahl von 25000 können diese Global Player zwar nur lachen, aber ich hoffe, dass es trotzdem die ganze Branche zum Nachdenken bewegt und dass diese Aktion den Großen zeigt, was bereits alles möglich wäre, wenn nur der Wille dazu vorhanden wäre.

Die Fairphone-Macher gehen mit großem Idealismus ans Werk, getrieben von dem Wunsch, etwas zu verändern und zu verbessern. Ich bin gespannt, wie es ausgeht! Mein Fairphone-Exemplar habe ich bereits im Mai dieses Jahres bestellt und bezahlt, mit dem festen Vorsatz, es so lange zu benutzen, bis es nicht mehr funktioniert und auch keine Reparatur mehr möglich ist. Anfang des Jahres 2014 sollte ich es in den Händen halten, ich freue mich darauf!

Bis dahin – und darüber hinaus – werde ich weiterhin meine Funktion als "Gardener" im Bereich Elektronik wahrnehmen. Informationen, innovative Ideen, Hinweise auf Reparaturcafés sind herzlich willkommen und können gerne an whizzy1@gmx.at gesendet werden. Vielen Dank! 

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