Vor rund einem Jahr, im Oktober 2012, hat mich Hubert
Feurstein (Obmann des Vereins „Konsumentensolidarität Jetzt“) gefragt, ob ich
eventuell die Sammlung von Informationen in einem Konsumbereich übernehmen und
als Koordinatorin fungieren könnte. Ich habe zugesagt und bin jetzt für den Elektronikbereich zuständig, ohne ein spezielles Fachwissen mitzubringen.
Mit Elektronik verbinde ich Kabel und Drähte, Computer und Handys,
Strom und Steckdosen. Aber auch
Küchengeräte gehören dazu, bzw. alles, das mit Strom betrieben werden muss. Es war das erste Mal, dass ich bei diesem Thema etwas in die Tiefe ging und versuchte, hinter die Kulissen zu schauen, indem ich mich im Internet durch diverse Webseiten klickte. Außerdem sah ich mir Dokumentationen über Kinder an, die unter schrecklichen Bedingungen tagelang
in Minen nach Mineralien graben, Mineralien, die in unseren Handys landen,
während ein grausamer Bürgerkrieg tobt. Dieser Bürgerkrieg wird dadurch
finanziert, dass die westlichen Industrienationen diese Mineralien kaufen, um
sie in unsere Elektronikgeräte einzubauen. An die 5 Millionen Menschen sind
bisher gestorben, 300 000 Frauen wurden vergewaltigt und der Wahnsinn dauert
immer noch an.
Mittlerweile sind amerikanische börsennotierte Konzerne dazu
verpflichtet, ihre Lieferkette im Zusammenhang mit Konfliktmaterialien
offenzulegen. Sie müssen jährlich darüber berichten, ob Konfliktmaterialien,
die für die Herstellung und Funktion ihrer Produkte notwendig sind, aus der
Demokratischen Republik Kongo oder ihren Nachbarstaaten stammen. Bei den
Konfliktmaterialien handelt es sich um Tantal, Zinn, Wolfram und Gold.
Ich glaube, solche Verpflichtungen sind sinnvoll, um die
Unternehmen für dieses Thema überhaupt zu sensibilisieren, auch wenn es derzeit
schwer bis unmöglich sein wird, die Herkunftsquellen der Materialien genau zu
bestimmen. Aber so kommt langsam eine Bewegung in Gang, die hoffentlich langsam
zu einer Verbesserung der Situation führen wird.
Weiters kam ich durch diese Koordinatorinnenaufgabe mit dem Thema "Elektronikschrott" in Kontakt. Wir
leben in einer Wegwerfgesellschaft, alle 2 – 3 Jahre brauchen wir einen neuen
Computer und ein neues Handy. Vieles von all dem Müll wird in Entwicklungsländern
„entsorgt“, wo sie wieder oftmals von Kindern und Jugendlichen in ihre
Einzelteile zerlegt werden, damit diese daraus Kupfer oder Silber gewinnen
können und sich durch den Verkauf dieser wertvollen Rohstoffe ein kleines
Einkommen verschaffen. Diese Menschen wissen allerdings oftmals nicht, dass sie
bei ihrer Arbeit mit giftigen Chemikalien in Berührung kommen, die ihre Körper
vergiften oder aber, sie müssen es in Kauf nehmen, da sie keine andere
Chance sehen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Wenn man sich zum Kauf eines neuen Produktes entschließt,
denkt man normalerweise nicht an all diese Dinge. Man weiß auch meistens nichts
davon. Man will doch auch gar nicht darüber nachdenken. Vielmehr drängt einen das
Bedürfnis nach etwas Neuem zu einem Kauf.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Initiative Fairphone
aufmerksam machen. In Holland hat sich ein innovatives Entwicklerteam auf den
Weg gemacht, das erste fair produzierte Handy herzustellen. Es war eine naive
Idee, aber die Mannschaft um Bas van Abel entschied sich dennoch dazu, selber
ein Handy zu produzieren, in dem Materialien aus möglichst sauberen Quellen
verbaut sind. Finanziert wird das ganze Vorhaben durch Vorbestellungen von
interessierten Konsumenten, welche so viel Vertrauen in dieses ambitionierte Projekt
steckten, dass sie bereit waren, den Preis des Geräts in Höhe von EUR 325,-- im voraus zu bezahlen. Unglaublich aber wahr, mittlerweile wurden auf
diese Weise 25000 Handys verkauft, obwohl das Produkt allerfrühestens Ende 2013 an die Käufer verschickt werden kann! 25000 Menschen, die jeweils über EUR 300,-- bezahlen, um
diese Aktion zu unterstützen! Das ist ein deutliches Signal der Hoffnung und
Sehnsucht vieler Menschen, an dem jetzigen Zustand etwas zu verändern!
Noch ist das Gerät alles andere als fair, da darin immer
noch viele Teile verbaut sind, deren Herkunft sich derzeit noch nicht eruieren
lässt. Aber es ist wichtig, einfach einmal irgendwo anzufangen. Fairphone legt
großen Wert auf Transparenz und Ehrlichkeit. In Newslettern wird jeweils offen
über die einzelnen Entwicklungsschritte berichtet. Wenn das Projekt Erfolg hat,
sollen nach und nach immer mehr Bestandteile eingebaut werden, die aus „sauberen
Quellen“ stammen.
Ich wünsche mir, dass durch die Medienwirksamkeit des
Projekts auch andere große Mitspieler, wie Samsung, Apple oder Nokia, dazu
gezwungen werden, über ihre eigenen Bezugsquellen und ihre
Produktionsbedingungen nachzudenken. Über eine Stückzahl von 25000 können diese
Global Player zwar nur lachen, aber ich hoffe, dass es trotzdem die ganze Branche
zum Nachdenken bewegt und dass diese Aktion den Großen zeigt, was bereits alles
möglich wäre, wenn nur der Wille dazu vorhanden wäre.
Die Fairphone-Macher gehen mit großem Idealismus ans Werk,
getrieben von dem Wunsch, etwas zu verändern und zu verbessern. Ich bin
gespannt, wie es ausgeht! Mein Fairphone-Exemplar habe ich bereits im Mai
dieses Jahres bestellt und bezahlt, mit dem festen Vorsatz, es so lange zu
benutzen, bis es nicht mehr funktioniert und auch keine Reparatur mehr möglich
ist. Anfang des Jahres 2014 sollte ich es in den Händen halten, ich freue mich
darauf!
Bis dahin – und darüber hinaus – werde ich weiterhin meine
Funktion als "Gardener" im Bereich Elektronik wahrnehmen. Informationen,
innovative Ideen, Hinweise auf Reparaturcafés sind herzlich willkommen und
können gerne an whizzy1@gmx.at gesendet
werden. Vielen Dank!
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