Pünktlich zum Jahresbeginn – am 2.1.2014 – hat es der
Paketdienst bei mir abgeliefert! Mein Fairphone!!! Aufgeregt wie ein kleines
Kind habe ich die Verpackung geöffnet, um es zu inspizieren. Groß und schwer
fühlt es sich an, aber toll sieht es aus - mein neues Telefon!
Viele Jahre lang galt die Devise, dass Handys immer kleiner
werden müssen. Ich kann mich an mein erstes Handy aus dem Jahre 1998 erinnern. Es war auch
groß und schwer, es hatte eine Antenne und schaute aus wie ein Funkgerät! Es
hatte ein kleines Schwarz-Weiß-Display und man konnte damit „nur“ telefonieren
und SMS verschicken. Meine Eltern haben mir damals dieses „Wunderding“
vermacht, da sie es selber nicht benötigten.
Die SIM-Karte aus dem Jahr 1998
ist immer noch in Verwendung und steckt neuerdings im Fairphone. Es überrascht
mich, dass die SIM-Karte immer noch kompatibel ist zu den neuen Geräten und
auch noch funktioniert … in einer Zeit, in der alles so kurzlebig ist, finde
ich das außergewöhnlich!
Das Handy selbst hat nicht so lange durchgehalten ... einige
Geräte habe ich in den letzten 15 Jahren „verschlissen“, sei es, weil sie
kaputtgingen oder weil ich dem Modetrend folgte.
Nun ist das Fairphone da und ich find’s toll!
Wahnsinn, was die Macher „Bas van Abel“ und „Miquel
Ballester Salva“ alles geschafft haben! Sie hatten die Idee, ein sozial
verträgliches Smartphone zu entwickeln und haben diese Idee trotz vieler
Widrigkeiten, Schwierigkeiten, Rückfälle unbeirrt verwirklicht! Ein naiver
Glaube an das Gute hat sie angetrieben und sie nicht aufgeben lassen! Alleine
das hat großen Applaus verdient!
Viele Kritiker bemängeln, dass das „Fairphone“ nicht
wirklich fair ist und sich von anderen „nicht-fairen“ Produkten kaum
unterscheidet.
Ich stimme in diesem Punkt den Kritikern zu, es werden
bislang grad mal zwei Mineralien aus konfliktfreien Quellen im Kongo bezogen. Das ist
nicht gerade viel.
Aber: Während viele andere Lieferanten aufgrund des
Dodd-Frank-Gesetzes, Abschnitt 1502, ihre Mineralien nunmehr aus anderen Ländern beziehen
und somit für eine hohe Arbeitslosigkeit im Kongo und den restlichen Gebieten
gesorgt haben, werden das Zinn und Tantal für das Fairphone weiterhin aus dem
Kongo bezogen.
Es mag anmaßend klingen, so ein Produkt als „Fairphone“ zu
bezeichnen, vielleicht hätten die Macher dem Ganzen einen anderen Namen geben
sollen. Aber man muss bedenken: Fairphone steht noch ganz am Start. Es ist
einfach nicht möglich, die Weltwirtschaft von heute auf morgen umzukrempeln.
Die Geräte sind so komplex und bestehen aus unzähligen Kleinteilen, die in
allen Erdteilen produziert werden und dann zu einem Gerät zusammengefügt
werden. Jetzt herzugehen und die Herkunft jedes einzelnen Teiles zu ergründen,
ist eine mühsame Sisyphusarbeit, die wohl nie abgeschlossen werden kann.
Trotzdem macht es Sinn, daran zu arbeiten. Warum?
Weil es für mehr Transparenz sorgt. Mit Hilfe von
Transparenz können vermehrt Missstände aufgedeckt werden. Überall dort, wo
Menschen hinschauen und aufmerksam sind, werden Menschenrechtsverletzungen und
Raubbau an der Umwelt für die „Verursacher“ erschwert.
Fairphone ist für mich – und ich denke für den Großteil der
restlichen 25000 Käufer auch - vor allem eines: Es ist ein Statement – eine Willenserklärung
darüber, dass ich mit der jetzigen Situation, dem Raubbau an Mensch und Natur
NICHT mehr einverstanden bin!
Auch wenn das Produkt in China hergestellt wurde und die
Arbeitsbedingungen in dem Produktionsbetrieb „A-Hong“ nur zu kleinen
Verbesserungen geführt hat (ein freier Tag wurde eingeführt, die
Höchstarbeitszeit wurde mit 60 Stunden limitiert), ist es dennoch ein Beginn. Pro
verkauftes Gerät werden EUR 4,-- in einen Fonds eingezahlt. Über die Verwendung
des Geldes wird von den Arbeitern
abgestimmt werden. Auf Dauer genügt dies alles nicht, aber wie gesagt, das
Ganze steht erst am Beginn.
Es muss Kompromisse geben, damit etwas Neues entstehen kann.
Die Macher dieser Initiative standen meines Erachtens unter ungeheurem Druck.
So viele Menschen haben ihre Mobiltelefone vorfinanziert, die Geräte mussten –
halbwegs termingerecht – ausgeliefert werden. Es kam zu Lieferverzögerungen,
aber – anders wie es vermutlich Apple oder Samsung gemacht hätten – hat Fairphone
dies akzeptiert, den Auslieferungstermin nach hinten verschoben und dafür
gesorgt, dass die Arbeiter in der Produktionsstätte keine zusätzlichen
Überstunden schieben mussten.
Bei Fairphone geht es langfristig darum, dass soziale Werte
höher gestellt werden als das reine Gewinndenken! Es geht darum, wieder zu
erfahren, woher das Produkt stammt, dessen Geschichte zu erfahren, man lebt
mit, bangt mit, wartet, freut sich mit, man hat Teil am Entstehungsprozess.
Die kritischen Stimmen und Kommentare am Fairphone finde ich
gut. Das Ganze sollte nicht zu einem Marketingstreich verkommen, die großen
Ziele sollten im Auge behalten werden. Damit das passiert, ist es wichtig, dass
die Menschen durchaus kritisch die Dinge hinterfragen.
Schlussendlich geht es nicht um einen Wettbewerb, wer
das fairere Smartphone herstellt – Samsung oder Apple, Nokia oder Fairphone. Es
geht darum, einen Prozess in Gang zu setzen, damit jeder das Möglichste tut, um
die sozialen Bedingungen für alle Beteiligten zu verbessern! Wenn jede dieser
Firmen ihren Spielraum auslotet, ist sehr viel in die richtige Richtung getan!
Um die Konzerne zum Umdenken zu bewegen, braucht es nicht
nur Initiativen wie Fairphone, aber letztendlich vor allem uns als Konsumenten!
Wir haben letztendlich die Macht! Solange wir nur billige Produkte wollen und
nicht hinter die Kulissen blicken, wird sich nichts verändern und es werden weiterhin zu viele Menschen grausamst ausgebeutet.
Wir sind der Markt, ein jeder von
uns! Ein jeder hat eine Stimme und kann mit seinem Kaufverhalten eine
Veränderung bewirken! Je mehr wir werden, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme!
Meine Informationsquellen zu diesem Eintrag sind unter
folgenden Links zu finden:
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